Weise Manager sind dialektisch

„Das Prinzip Loslassen“
„The harder you push, the harder it pushes back“
„Wenn du es eilig hast, gehe langsam“
„Du musst loslassen lernen“

Die kennt jeder, diese Sprüche. Trainer-Binsenweisheiten. Man kann dem langsamer werden schon etwas abgewinnen, innehalten zum planen, zum reflektieren. Aber jeder hat schon die Notsituation erlebt, in der man wieder auf das erprobte Gas-geben zurückgreift.
Wie realistisch ist es daher? Loslassen, wenn man etwas festhalten möchte, weggehen, wenn man wohin möchte. Funktioniert das Paradoxon?

Was steckt dahinter? In der Psychologie kennt man den Effekt des Versagens aus übersteigerter Erwartungshaltung, selbst- oder fremdauferlegter Druck, den Dysstress.
Im Management kennt man aus alter Tradition den Führungsstil des command and control. Solche Führungskräfte bauen Druck auf. Sie setzen auf Disziplin und Verantwortungsbewusstsein als Motivationsfaktoren, sie bauen bewusst Stress auf, und das alles genährt durch organisatorische Plan und Zielerreichungssysteme. Alles in Ordnung, denn jeder kennt das und kann damit umgehen. In einem Projekt passiert die eigentliche Arbeit meistens unmittelbar vor einem Meilenstein. Ein Fixtermin ist eine willkommene Motivationshilfe. Druck – so sagen es zumindest Manager und Projektleiter – ist ein willkommener Projektpartner. Zähigkeit, Durchhaltevermögen, Zielorientierung stehen sicher als Wunschpunkte auf der Liste der Recruiter und Personalentwickler.

Wir wollen Druck

Auf der anderen Seite weiß man aber auch, wie leicht ein Kartenhaus wegen Tempo, Ungeduld und Verbissenheit einstürzen kann. In Arbeitssituationen sind die Symptome schwindender Überblick und das Gefühl, dass alles schief geht. Man verliert die Fähigkeit zur Selbstorganisation, es wird zu viel und zu unübersichtlich. Schwierige soziale Beziehungen am Arbeitsplatz verschlimmern die Misere noch.

Eine Erklärung liegt im Begriff der Fokussierung. Bei der Konzentration auf ein Ziel wird fokussiert, also der Blick verengt, das Rundherum wird ausgeblendet, das Handeln auf ein Ergebnis ausgerichtet. Oft gibt aber genau dieses Rundherum, also das Umfeld wichtiges Feedback, ob man mit einer Aufgabe noch im Plan liegt oder ob sich Schwierigkeiten ergeben werden. Diese Info fehlt in total konzentrierten Arbeitssituationen und führt so zu Fehlern und Überforderung.
Es wäre aber falsch verstanden, Entspannung als Gegenpol zu Konzentration als Aufforderung zur Beliebigkeit und Laxheit zu sehen. Ziele aus den Augen zu verlieren, bedeutet noch immer, genau diese Ziele nicht zu erreichen.

Management-Dialektik: sowohl-als auch

Die Lösung liegt wie so oft im dialektischen Prinzip: weg vom entweder-oder, hin zum sowohl-als auch.
Im Fall der Zielkonzentration bedeutet das,

  • Ziele sehr klar zu beschreiben,
  • Teams darauf einzuschwören
  • und dahin anzutreiben.

Aber gleichzeitig muss der Horizont auch wieder erweitert werden.

  • Welche Signale kommen aus dem Umfeld?
  • Welche Risiken bauen sich in der Entfernung auf?
  • Was sagt mein eigenes Bauchgefühl?
  • Welche Meinungen haben die Mitarbeiter?
  • Wie viel Kritik hält eine Führungskraft aus?
  • Ab wann ist Ende der Redefreiheit und wird wieder auf hart geschaltet?

Ein Paradoxon nicht nur in der Projektarbeit. Und Projektleiter wissen, wie schwer es ist, beide Rollen unter einen Hut zu bringen. Das bedeutet aber nicht, in das strikte Rollenbild zurückzufallen, sondern sich eine Fähigkeit zur Selbstreflexion aufzubauen:

  • Bin ich wirkungsvoll?
  • Bin ich zu mir selbst ehrlich?
  • Kann ich auf der vorhandenen Informationslage eine richtige Entscheidung treffen?
  • Wie ersetze ich Härte und Durchsetzung durch Klarheit und Unmissverständlichkeit?
  • Und wie bewahre ich mir die Hellhörigkeit?
  • Kommuniziere ich ausreichend und gut genug?

Die Übung der Dialektik, des Dualismus ist es wert. Sie macht aus Managern umsichtige und reflektierte
Manager und aus Projektleitern wirkungsvolle und erfolgreiche Projektleiter. Man erreicht Ziele mit geringstem Streuverlust.

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