FLÜCHTLINGE IN SEENOT AUS SICHT DES YACHTSKIPPERS

Man kann gesellschaftspolitisch darüber denken, wie man will. Humanitär wie seefahrtsrechtlich gilt: sobald man – auch nur als Urlaubs-Skipper – ein Schiff führt, ist man zur Hilfestellung für Schiffe, Luftfahrzeuge und deren Rettungsboote und -flösse in Seenotfällen verpflichtet. Die Verpflichtung gilt gegenüber allen Menschen, klarerweise auch gegenüber Flüchtlingen auf hoher See, wenn sich diese in einer lebensbedrohlichen Lage befinden. Der Grund, weshalb jemand in Seenot geraten ist, entbindet nicht von der Hilfeleistung. Geregelt ist dies u.a. im internationalen SOLAS (Safety of Life at Sea)
Zwei Fälle sind vermutlich in der Praxis am wahrscheinlichsten anzutreffen:
1. man hat direkten Kontakt zu Schiffbrüchigen
2. man erfährt über Funk von einem Seenotfall und ist in der Nähe
Im ersten Fall gilt die Pflicht zur direkten Hilfeleistung. Aber es gilt die Einschränkung: „nach Möglichkeit“. Es ist also niemand verpflichtet, sein eigenes Schiff oder Crew zu gefährden, z.B. durch Überladung. Es gibt Fälle, in denen kleine Yachten sinkenden Flüchtlingsbooten mit hunderten Personen gegenüberstanden. Die Meldung des Notfalles über Funk ist obligatorisch, das Schildern der Situation, das Anfordern weiterer Hilfe sind die nächsten Schritte. Die Schwierigkeit ist hier das richtige Einschätzen der Situation. Der Skipper braucht dazu einen kühlen Kopf und keine Panikreaktionen.
– Ist es lebensbedrohend? Was konkret ist die Lebensbedrohung?
– Kann ich mit eigenen Mitteln meines Schiffes die Lebensbedrohung unterbinden?
– Wenn ich den lebensbedrohenden Notfall ( klarer fall von „MAYDAY“) über Funk melde: eigenes Schiff, Position, Situation, welche Hilfe konkret wird gebraucht. In der Regel sitzt bei Kanal 16 geschultes Personal, das auch panische Skipper unaufgeregt undzielgerichtet durch ein solches Notfallgespräch führen.
Die einschlägige Literatur ist leider voll von Fällen unterlassener Hilfeleistung, falschem Einschätzen von Situationen, Selbstgefährdung von Crew und Schiff und von nachfolgenden Gerichts- und Versicherungsfällen.
Aber mit dem 3-Schritt: „Direkte Hilfe leisten – richtiges Einschätzen der Situation – professionelle Hilfe hinzuholen“ kann man nicht falsch liegen. Wichtig auch noch: wenn das Adrenalin wieder gesunken ist: im Logbuch dokumentieren.

Im zweiten Fall: Sobald man von einem Seenotfall (bspw. über Funk) erfährt und sich in der Nähe aufhält, hat man sich zur Verfügung zu stellen und zu halten. Eine Entbindung von der Hilfestellung erfolgt dann in der Regel durch die zuständige Rettungsorganisation, Küstenwache usw. Bis dahin ist man auf stand-by. Sobald man als Schiff Teil der Rettungskette ist, kann man sich nicht verabschieden, weil „bereits die Küstenwache vorort ist“. Auch hier bewegt man sich an der Grenze zu nicht geleisteter Hilfestellung, es ist ein strafrechtliches Vergehen.

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